Evolution von "Analog" zu "Digital"
  

Die Entwicklung von „analog“ zu „digital“ und letztendlich zu „IP-basiert“ erfolgte über längeren Zeitraum in mehreren Schritten. Die ersten Videoüberwachungskameras wurden bereits Ende der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts in Deutschland installiert. Bis Mitte der neunziger Jahre erfolgte die Bilderzeugung, Übertragung und Aufzeichnung fast ausschließlich analog. Mit Aufkommen der Mikroprozessor- und Computertechnologie wurden die ersten Überwachungskameras mit digitaler Bildverarbeitung (DSP) entwickelt, die ersten digitalen Bildspeicher kamen auf den Markt und mit der Verbreitung von ISDN wurden Bilder von Überwachungskameras auch digital Übertragen. Ende der neunziger Jahre erlebten die digitalen Bildspeichersysteme Ihren Durchbruch und werden seit diesem Jahrhundert fast ausschließlich in der Videoüberwachungstechnik zur Bildaufzeichnung eingesetzt. Gleichzeitig begann die Übertragung von Videosignalen über IP-Netzwerke ihren Siegeszug, wurden bis dato doch die Videosignale hauptsächlich analog übertragen.

Ausgelöst wurde diese Entwicklung von der damals neuen Videoserver- und Netzwerkkameratechnologie Ende der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Gemein ist beiden Technologien die Verwendung einer Server/ Client-Architektur in der vielfach ein Standard-Webbrowser zur Administration und zur Wiedergabe von Live- bildern und Aufzeichnungen verwendet wird. Die Lösungsansätze selbst sind aber konträr, da die Videoserver von Anfang an zur Einbindung von analogen Kameras durch Sicherheitserrichter konzipiert wurden und die Netzwerkkameras als „do-it-yourself“-Lösung durch den Anwender. Im Verkaufserfolg hat sich die Netzwerk- kamera als bessere Lösung erwiesen und im Anbetracht dessen und den technischen Möglichkeiten der neuen Netzwerkkameragenerationen hat der Videoserver als reiner analog/digital Adapter keine langfristige Zukunft. Mittelfristig gesehen werden sich Netzwerkkameras in allen Bereichen durchsetzen und analoge Kameras bis auf ein Minimum verdrängen. Da Videoüberwachungssysteme jedoch zu den Investitionsgütern gehören und diese auf bis zu 10 Jahren abgeschrieben und somit auch verwendet werden, sind vielfach wirtschaftliche und zukunftssichere Übergangslösungen gefragt, so genannte Hybridsysteme. Bei vielen Anwendungen hat sich die Netzwerkkameratechnologie bereits heute als anerkannter Standard durchgesetzt.

  
Analoges Videoüberwachungssystem mit digitalen Videorecorder (DVR)

Videoüberwachung mit analoger Bildübertragung (CCTV) und digitaler Bildaufzeichnung (Abb. 1) ist heute noch in den meisten Fällen anzutreffen. Analoge Kameras und digitale Bildspeicher unterliegen einem starken Preis- verfall und damit verbunden leider auch vielfach einem Verfall der Qualität. Bei den Anwendungen handelt es sich meist um Videoüberwachungsanwendungen mit geringer räumlicher Ausbreitung, da die Übertragung ana- loge Videosignale verlustbehaftet ist und sie sich deshalb nur mit erheblichen Aufwand über größere Distanzen transportieren lassen. Des Weiteren handelt es sich um eine Punkt zu Punkt Übertragung und für die Verviel- fältigung eines analogen Videosignals werden spezielle Verteilverstärker, bzw. Videokreuzschienen benötigt.

Abb. 1: analoges Videoüberwachungssystem mit digitaler Bildspeicherung

  
Hybrid-System mit digitalen Videorecorder (DVR)

Hybriydsysteme –  Kombination von analoger und IP-basierter Bildübertragung – sind heute die erste Wahl, wenn es um Migration von „analog“ zu „IP-basiert“ in der Übertragungstechnologie geht. Bilder von vorhan- denen analogen Systemen können so einfach im Netzwerk verfügbar gemacht werden oder mit zukunftswei- sender Netzwerkkameratechnologie kombiniert werden. Wenn es um intelligente Bildanalyse geht, fehlt es den CPUs der Netzwerkkameras für viele Applikationen noch an nötiger Rechenleistung, so dass diese gemischten Systeme einige Zeit das mittlere und high-end Projektgeschäft dominieren wird. Höhere Rechenleistungen sind auch heute schon theoretisch realisierbar, doch verträgt sich dieses nicht mit dem notwendigen Low-Power- Design zur Verhinderungen von thermischen Problemen. Erforderliche Rechenleistungen würden eine CPU mit aktiver Kühlung erfordern und dieses wiederum ein größeres Gehäuse mit einer Schutzklasse von höchstens IP 31 verursachen.

Bei der Kombination beider Technologien gibt es die unterschiedlichsten Ansätze, einfache Lösungen begnügen sich mit netzwerkfähigen digitalen Videorecordern wie in Abb. 2 dargestellt. Meistens handelt es sich dabei um Videoüberwachungslösungen mit sehr geringer räumlicher Ausdehnung. An digitale Videorecorder für Standard- Videoüberwachungsanwendungen lassen sich, je nach Hersteller und Typ, zwischen 4 bis 32 analoge Kameras anschließen. Einige Bildspeicher lassen sich in Vierer-, die meisten in Achterschritten bis zur maximalen Anzahl auf- bzw. nachrüsten, sind also im beschränkten Maß skalierbar. Durch diese beschränkte Skalierbarkeit zahlt der Anwender fast immer für zu viele Videoeingänge, da nur selten wirklich die von der Skalierbarkeit vorgege- bene Anzahl der Eingänge benötigt wird. Besonders teuer wird es, wenn noch ein räumlich abgelegener Ort mit einer Kamera in die Überwachung mit einbezogen werden soll. Hier ist dann ein eigener Bildspeicher mit 4 oder 8 Videoeingängen zur Integration einer einzigen Kamera erforderlich.

 Abb. 2: Digitaler Bildspeicher mit Netzwerkanschluss

  

Für diese Anwendungsfälle können digitale Bildspeicher der aktuellen Generation, zumindest die qualitativ hoch- wertigeren, auch Netzwerkkameras und Videoserver über Ihre Bedienoberfläche visualisieren und aufzeichnen (Abb. 3). So lassen sich vielfach zu der maximalen Anzahl der anschließbaren CCTV-Kameras, die gleiche Anzahl von Netzwerkkameras einbinden, also Systeme bis 64 Kameras bilden.

Abb. 3: Digitaler Bildspeicher mit CCTV- und Netzwerkkameras

  

Ob die Aufzeichnung dieser Anzahl von Kameras auf einen Bildspeicher sinnvoll ist, ist dabei natürlich sehr frag- lich, neben ernormen technischen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des digitalen Videorecorders als Zentraleinheit bedeutet der Ausfall des selbigen auch einen Totalausfall des Videoüberwachungssystems.

Dezentrale intelligente Funktionalität erhöht die Leistungsfähigkeit und Verfügbarkeit von Videoüberwachungs- systemen, auch lässt sich eine Redundanz der Übertragung und Aufzeichnung einfach und auch wirtschaftlich mittels Netzwerkkameras, Netzwerk-Videorecorder (NVR) und Videoserver, als Netzwerkadapter für (vorhan- dene) CCTV-Kameras, realisieren. Ein Netzwerk-Videorecorder ist dabei ein Server aus der elektronischen Datenverarbeitung mit einer speziellen Applikationssoftware für Videoüberwachung, also Standard-Hardware aus der IT-Welt. Tendenziell ist diese Art der Lösung schon mehr das was man weltweit unter „IP Video Surveillance“ versteht, also klassische Videoüberwachung über IP-Netzwerke, wenn man bei dem jungen Alter dieser Technologie schon von klassisch sprechen darf (Abb. 4).

Abb. 4: Netzwerk-Videorecorder mit CCTV- und Netzwerkkameras

  
IP Video Surveillance - netzwerkbasiertes Videoüberwachungssystem

IP Video Surveillance bedeutet dezentrale Intelligenz (Client/Server-Struktur) und Nutzung von IP-Netzwerken (Ethernet, Internet, etc.) zur Distribution von Bild und Informationen. Neben speziellen Geräten zur Bildauf- nahme (Netzwerkkameras) oder Bilddigitalisierung (Videoserver und Codecs) verwendet diese Technologie Standard-Komponenten der Informationstechnologie (Switches, Router, Server, PCs, Monitore, etc.) und deren Protokolle (TCP/IP, UDP, RTP, http, DHCP, DNS, etc.). Dieses bietet ein Höchstmass an Wirtschaftlichkeit, Skalierbarkeit, Flexibilität und Funktionalität.

Abb. 5: IP Video Surveillance

  
IP-basierte Videoüberwachungssysteme bestehen aus:
- Infrastruktur Elementen (Switches, Router, etc.)
- IP-Endgeräte (Netzwerkkameras, Videoserver, Server, PC, Monitore, etc.)
- Applikationen (Software und Design)

Reine IP Video Surveillance Systeme mit ihrem zukunftsweisenden Design sind heute fast nur bei kleineren Lösungen anzutreffen. Größere Systemlösungen erfordern meist die Integration von vorhandenen analogen Systemen und Kameras.

  
  
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Letzte Änderung: 10. April 2006 - © Gereon Schroeder